Zeit in der Schwebe
Prekares Gleichgewicht
Mit dieser Einzelausstellung erobert Vivien Roubaud den Pavillon, ein Kunstzentrum und Ort technologischer Experimente, um dort einen Dialog zu entfalten, in dem Technik und Poesie miteinander verwoben sind. Umfunktionierte Objekte, gestörte Strömungen, unsichtbare Phänomene: Alles sucht nach einem Gleichgewichtspunkt, ohne sich jemals darauf festzulegen. Die Ausstellung Temps Suspendu vereint eine Konstellation von Installationen – Motoren, Sensoren, hybride Strukturen –, die wie Fragmente einer visuellen und akustischen Sprache zusammengesetzt sind.
Roubaud lotet die Grenzen der Technik aus, dort, wo die Maschine zögerlich und verletzlich erscheint. Weit entfernt von jeder Logik der Effizienz nutzen sich seine Installationen ab, stolpern und offenbaren latente Gesten, kaum wahrnehmbare Schwingungen. In The Creepers – Multifunktionsdrucker, Kugellager, Steuerung drehen sich neu zusammengesetzte Drucker ungeschickt um sich selbst, zeichnen farbige Spiralen und lassen den Zufall unerwartete visuelle Landschaften entstehen. Befreit von ihrer zugewiesenen Funktion bieten diese zweckentfremdeten Objekte andere Möglichkeiten, Welten zu erschaffen, und laden den Betrachter dazu ein, (neu) darüber nachzudenken, was es bedeutet, etwas zu produzieren.
Gonflables, lustres à pampilles, collecteur tournant, vingt-quatre volts versammelt alte Kronleuchter, die in Plastikkugeln eingeschlossen sind. Sie drehen sich rhythmisch im Kreis – mal ruhig, mal rasend schnell –, während Feux d’artifices, gel de pétrole dégazé, combustion incomplète, tube PMMA die Spuren einer flüchtigen Energie in einem polymerisierten Gel festhält. Unter der Kuppel des Pavillons formt Quatre filins, frein, moteur, couverture de survie, quarante-huit volts die Luft und ihre Dichte. Klappern, Rascheln und Stöße vermischen sich mit ihren Bewegungen und offenbaren Kräfte, die mit bloßem Auge normalerweise nicht wahrnehmbar sind.
In einigen Werken offenbart sich die Faszination des Künstlers für das Lebendige in subtilen und zarten Bewegungen: die durch Formgedächtnisdrähte bewegten Schmetterlingsflügel in Écailles, Nickel, Titan, Kupfer, Glas, zwölf Volt oder auch in Samare Stationnaire AEC, einer Ahornfrucht, die in einem kontinuierlichen Luftstrom schwebt.
Die Ausstellung entfaltet sich wie eine Abfolge ungewöhnlicher Momente, in denen das Staunen aus der Umdeutung entsteht: das Flattern einer Plane, der Atem eines Motors, eine Pause zwischen zwei Gesten. In diesem Zusammenhang wird der Pavillon zu einem Laboratorium technologischer Disziplinlosigkeit, zu einem porösen Raum zwischen Kunst und Technik, Gebrauch und Fiktion, Kontrolle und Loslassen. Vivien Roubaud – Temps Suspendu ist eine Einladung, langsamer zu werden, eine Ästhetik der Dysfunktion zu entdecken, die eher generativ als chaotisch ist, sich von neuen Formen der Aufmerksamkeit berühren zu lassen.
Le Pavillon, Route Merveilleuse, Namur, Belgique